Pro und Kontra PKV
Eine eindeutige, für jedermann gültige Antwort auf diese Frage gibt es nicht. Denn bei der privaten und der gesetzlichen Krankenversicherung handelt es sich um zwei komplett unterschiedliche Krankenversicherungssysteme, die teilweise sehr unterschiedlichen Regeln folgen.
Ein Entschluss für oder gegen eine private Krankenversicherung ist deswegen immer eine Individualentscheidung, bei der die Vor- und Nachteile auf den Einzelfall bezogen gegeneinander abgewogen werden müssen.
Wichtig für das grundlegende Verständnis der beiden Krankenversicherungssysteme ist jedoch die Art und Weise, wie sich beide Systeme finanzieren. Hier gibt es nämlich gravierende Unterschiede:
Während die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) dem Solidaritätsprinzip folgt und sich des Umlageverfahrens bedient, beruht die private Krankenversicherung (PKV) auf dem Äquivalenzprinzip und finanziert sich über das Kapitaldeckungsverfahren.
Nach dem Umlageverfahren in der GKV werden die von der Versichertengemeinschaft eingezahlten Beiträge unmittelbar wieder an die Leistungsberechtigten ausbezahlt, um die Krankheitskosten zu decken. Die von der GKV zu erbringenden Leistungen werden dabei in Form von monatlichen Beiträgen auf alle Versicherten umgelegt. Damit die Krankenversicherungsleistungen gedeckt sind, werden der Beitragssatz und die Beitragsbemessungsgrenze laufend angepasst.
Beim Kapitaldeckungsverfahren in der PKV hingegen muss jeder Versicherte einen Beitrag im Verhältnis zu seinem voraussichtlichen Leistungsbedarf bezahlen. Beitragszahlungen des Versicherten und die Leistungen an ihn müssen sich über die Vertragslaufzeit ausgleichen. Damit dies funktioniert, werden in der PKV von jedem Versicherten Alterungsrückstellungen gebildet. Dies bedeutet, dass ein bestimmter Anteil der monatlichen Prämie verzinslich angelegt wird und somit Rücklagen für die Gesundheitskosten in der Zukunft angespart werden können. Deshalb zahlt ein privat Versicherter in jungen Jahren einen Beitrag, der höher ist als sein Risiko. Im Alter jedoch verkehrt sich dies ins Gegenteil: Die von ihm bezahlte Prämie ist dann niedriger als sein Risiko.
Von dem demographischen Wandel, der sich über die nächsten Jahrzehnte zuspitzen wird, wird ganz besonders die GKV betroffen sein. Denn diese ist aufgrund des Umlageverfahrens auf viele junge Beitragszahler angewiesen, um die steigenden Krankheitskosten der immer größer werdenden Gruppe von Rentnern, abdecken zu können. Gerade am Nachwuchs, der mehr einzahlt, als er an Gesundheitsleistungen empfängt, wird es aber zunehmend fehlen. Die gesetzliche Krankenversicherung hat also ein doppeltes Problem, weil sich die Demographie sowohl auf ihrer Einnahmen- als auch auf ihrer Ausgabenseite auswirkt.
Zwar geht die Problematik des Älterwerdens großer Bevölkerungsteile auch an der PKV nicht ganz vorbei, dennoch liegt es hier etwas anders: In der PKV wird diese Entwicklung durch Alterungssrückstellungen sehr wirksam aufgefangen. So hat die private Kranken- und Pflegeversicherung mittlerweile Alterungsrückstellungen in Höhe von rund 200 Mrd. EUR (Stand 2016) angesammelt. Von diesem Betrag könnten rund 7 Jahre lang sämtliche PKV-Leistungen heutigen Umfangs finanziert werden! Dagegen hat die GKV nie echte Reserven gebildet. Wenn es doch einmal zu dem äußerst seltenen Phänomen der Überschussbildung kam, wie zwischen 2011 und 2014, so war dies nur der positiven Arbeitsmarktsituation zu verdanken. Es handelte sich also lediglich um konjunkturell bedingte Überschüsse.
Überdies würden GKV- Überschüsse in Höhe von ca. 20 Mrd. EUR, etwa wie in 2011, die Ausgaben der gesetzlichen Kassen auch nur ca. sechs Wochen lang abdecken (Stand Ende 2014) und wären auch nicht sicher vor staatlicher Zweckentfremdung, wie die politische Debatte in der Vergangenheit gezeigt hat.
Fazit: Kapitalgedeckte Systeme wie in der PKV ermöglichen eine überwiegend demographisch unabhängige Kalkulation und unterliegen weniger stark wirtschaftlichen Konjunkturschwankungen. Sie sind deswegen zukunftssicherer.
Da es sich bei der Entscheidung für oder gegen die PKV um eine Langfristentscheidung handelt, ist dies ein nicht zu unterschätzender Vorteil der PKV.
Beitragsentwicklung
In beiden Krankenversicherungssystemen lassen sich steigende Versicherungsbeiträge nicht vermeiden. Gegenüber der PKV besteht fälschlicherweise die weit verbreitete Ansicht, dass Ältere wegen ihres Alters höhere Beiträge zahlen müssen als Jüngere, die Beiträge also automatisch aufgrund des Älterwerdens steigen. Dies ist jedoch nicht korrekt.
Aufgrund des Äquivalenzprinzipes entspricht die Versicherungsprämie in der PKV ja gerade dem vorauskalkulierten, unterstellten Leistungsbedarf für die gesamte voraussichtliche Vertragslaufzeit des Versicherten. Daher betreffen Beitragserhöhungen in der PKV alle Versicherten, unabhängig von ihrem Lebensalter. Gründe hierfür sind neben der allgemeinen Inflation überproportionale Kostensteigerungen im Gesundheitswesen. Hier sind zum Beispiel neue und aufwendigere Behandlungsmethoden zu nennen, die der medizinisch-technische Fortschritt ermöglicht, aber auch die Verteuerung von Arzneimitteln sowie Anpassungen der Ärztehonorare.
Richtig hingegen ist, dass in der PKV Neukunden mit einem höheren Eintrittsalter auch eine höhere Einstiegsprämie zahlen als junge Neukunden. Denn hier ist im Verhältnis zur verbleibenden Vertragslaufzeit auch mit höheren Kosten zu rechnen.
Auch die GKV hat mit steigenden Gesundheitsausgaben zu kämpfen, diese liegen aber sehr viel stärker in der demographischen Entwicklung begründet. Denn die Alterspyramide verschiebt sich stetig und unaufhaltsam in Richtung der älteren Jahrgänge. Dadurch nimmt die Anzahl der Beitragszahler immer mehr ab und die Anzahl der Leistungsempfänger immer mehr zu.
Die GKV deckt diese Entwicklung durch Anheben der Beitragsbemessungsgrenze, Erhöhung des Beitragssatzes und seit 2015 auch durch mögliche Zusatzbeiträge ab. Im Gegensatz zur PKV kann die GKV steigende Kosten aber auch durch Leistungskürzungen kompensieren.
Je nach ideologischer Position und Interessenlage gibt es unterschiedliche Aussagen darüber, wie hoch die durchschnittlichen Beitragssteigerungen pro Jahr in der PKV und GKV sind. Feststeht jedoch, dass der Höchstbetragszahler in der GKV im Jahre 1970 nur einen Beitrag von 98,40 DM = 50,31 EUR und im Jahre 2014 incl. Pflegeanteil 710,78 EUR (alte Bundesländer) bezahlte.
Auch in den PKVs sind die Beiträge gestiegen, wobei es hier starke Unterschiede zwischen den verschiedenen Gesellschaften gibt. In einer guten PKV übertrafen diese in der Vergangenheit jedoch nicht die Beitragssteigerungen der gesetzlichen Krankenversicherung. bzw. lagen sogar darunter!
Rentner
In vielen meiner Beratungen fragen mich PKV-Interessierte, ob die Versicherungsprämien einer PKV im Rentenalter bezahlbar bleiben. Bedenken bereitet der Umstand, dass der Beitrag unabhängig von der Rentenhöhe ist und nicht wie in der GKV prozentual von dieser erhoben wird. Da die Rentenzahlung aber in der Regel deutlich geringer als das Erwerbseinkommen ausfällt, befürchten sie, dass die Prämie dann zu teuer sein wird.
Was die meisten nicht wissen: Mit Eintritt in das Rentenalter werden die Prämienbeiträge der PKV jedoch durch verschiedene Maßnahmen stabilisiert oder entlastet bzw. können ab Alter 80 sogar abgesenkt werden.
Hier sind nicht nur die ohnehin schon gebildeten Alterungsrückstellungen zu nennen. Die Prämie sinkt auch dadurch, dass der 10%-ige Vorsorgezuschlag, der gem. §§12,12 a VAG (Versicherungsaufsichtsgesetz) gebildet wird, ab Alter 60 entfällt und ab Alter 65 prämienmindernd eingesetzt wird. Darüberhinaus entfällt automatisch auch der Beitragsanteil für das Krankentagegeld, weil kein Verdienstausfall mehr abgesichert werden muss. Nicht zuletzt erhält nicht nur der gesetzlich sondern auch der privat versicherte Rentner einen Zuschuss des Rentenversicherungsträgers in Höhe der Hälfte des um 0,9 verminderten allgemeinen Beitragssatzes (z.Zt. 7,3%). Denn schließlich haben beide als Arbeitnehmer in der Erwerbsphase in die gesetzliche Rentenkasse eingezahlt. Alles andere verstieße gegen das Gleichbehandlungsgebot. Auch dies ist ein Umstand, den kaum jemand kennt!
Sollten Sie dagegen als gesetzlich Krankenversicherter im Rentenalter nicht die Voraussetzungen erfüllen, um in die Krankenversicherung der Rentner (KVdR) – die günstige Pflichtversicherung der Rentner – aufgenommen zu werden, so werden als freiwillig gesetzlich versicherter Rentner nicht nur Ihre gesetzliche und betriebliche Rente und sonstige Versorgungsbezüge zur Berechnung des Beitrages herangezogen, sondern auch sämtliche Einkünfte aus Vermietung, Verpachtung und Kapitalvermögen!
Auch für Rentner ist die PKV also eine attraktive Alternative.
Familienversicherung
Als Vorteil der GKV wird häufig die kostenfreie Familienversicherung genannt. In der PKV hingegen zahlt jeder Versicherte einen eigenen Beitrag. Eine beitragsfreie Mitversicherung von Ehegatten und Kindern existiert hier nicht. Jedoch sollte sich jeder die Frage stellen, ob das traditionelle Familienmodell mit nur einem erwerbstätigen Ehegatten überhaupt langfristig geplant ist oder nicht doch nur eine Übergangslösung von wenigen Monaten oder Jahren sein wird.
Wenn Kinder da sind: Zwar ist die kostenlose Kindermitversicherung zunächst für Familien entlastend. Aber auch Kinder sind nur während einer begrenzten Anzahl von Jahren mitversichert. Spätestens mit Beginn der Berufsausbildung oder bei Studenten mit Beendigung des 25. Lebensjahres werden sie in der Regel wieder pflichtig und zahlen eigene Beiträge.
Sie hingegen werden noch viele weitere Jahre oder gar Jahrzehnte in dem System krankenversichert bleiben, für das Sie sich entschieden haben. Außerdem steht die kostenfreie Kindermitversicherung immer wieder auf dem Prüfstand. Eine gesetzliche Garantie, dass diese Bestand haben wird, gibt es nicht.
Leistungen
Was das Thema Leistungen betrifft, so gibt es gravierende Unterschiede zwischen der GKV und der PKV. Während Sie in der PKV den Leistungsumfang mitbestimmen, und dieser auch nicht einseitig durch die Versicherung geändert werden kann, nehmen Sie in der GKV eine vollkommen passive Position ein: Nicht Sie entscheiden, welche Leistungen für Sie wichtig sind, sondern der Leistungsumfang wird durch das Sozialgesetzbuch definiert.
In § 12 Abs. 1 SGB V heißt es:
Was als notwendig und wirtschaftlich angesehen wird, ist Auslegungssache und wird durch die finanzielle Lage der GKV bestimmt. Ist kein Polster vorhanden, wird der Leistungskatalog -wie in der Vergangenheit nach fast jeder Gesundheitsreform geschehen- immer weiter zusammengestrichen. Was in einigen Jahrzehnten zum Leistungskatalog der GKV zählen wird, ist eine große Unbekannte. In der PKV hingegen ist der Leistungsumfang während der gesamten Vertragslaufzeit, also in der Regel lebenslänglich, klar definiert und vertraglich garantiert.
Entscheidungsgründe gegen die PKV
Dennoch kann es Gründe geben, wonach die PKV trotzdem nicht die richtige Wahl ist oder einfach nicht in Frage kommt.
Vielleicht sind Sie Arbeitnehmer, aber haben die Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG) noch nicht erreicht? Vielleicht ist Ihr Gesundheitszustand nicht der beste, weil Sie chronisch krank sind? Vielleicht sind Sie zwar gesund, aber schon etwas älter, und Ihre Einstiegsprämie wäre zu hoch? Vielleicht sind Sie zwar selbständig, aber verfügen noch über keine regelmäßigen hohen Einkünfte?
Wenn Sie sich in einer der genannten Gruppen wiedererkennen, könnte für Sie das Modell GKV plus private Krankenzusatzversicherung interessant sein.
Eine private Krankenversicherung kommt für Sie grundsätzlich in Betracht, aber Sie haben noch einige Fragen? Wenn Sie weitere Beratung wünschen oder wissen möchten, welche leistungsstarken und langfristig beitragsstabilen privaten Krankenversicherungen ich Ihnen empfehle, dann nehmen Sie jetzt Kontakt mit mir auf.